Er war der Vater der Knoff-hoff-Show und er war DER Welt- und Technik-Erklärer des deutschen Fernsehens in den 70er- und 80er-Jahren. Aber er hatte leider auch die Ausstrahlung meines Lateinlehrers. Die Rede ist natürlich von dem Vollblutphysiker Joachim Bublath. Neben vielen Buchausgaben zur Knoff-hoff-Show gibt es von ihm auch dieses Wissens- und Experimente-Buch aus dem Jahre 1991,
Verblüffende Experimente aus der Naturwissenschaft
von Joachim Bublath
79 Seiten
ISBN 3-8068-4515-8
ca. ??.- EUR
(nur Antiquariat)
Fernsehen zum Lesen
Es ist eines der wenigen Experimente-Bücher, das definitiv nicht für Kinder geschrieben wurde. Jedes Kapitel behandelt ein spezielles Thema. Dabei enthält der Fließtext eine Vielzahl von passenden Experimenten. Die Beschreibung des Vorgehens ist dabei allerdings äußerst kurz und animiert nicht gerade zum Selbernachmachen.
Vielmehr ist es eine Art „Fernsehen zum Lesen“. So findet sich z.B. häufig ein Satz in der Art „Interessant ist es zu beobachten, dass …“
Sehr gute Erklärungen
Die Erläuterungen der Effekte sind dafür umso besser gelungen und geizen auch nicht mit Überleitungen in den Alltag. Im Raketenkapitel reicht es vom Tintenfisch über Düsenantrieb bis hin zu Ionenantrieb und Magnetantrieb. Toll. Und erstaunlich, dass ein Physiker dabei auch ohne Formeln auskommt.
Verborgene Experimente
Als Beispiel für die gute Integration von Experimenten dient z.B. das Kapitel „Die Rakete in der Küche“. Passend zum Thema Rückstoß sind hier sechs Experimente aufgeführt:
– Backpulver + Essig als Raketentreibstoff
– Kinderwagen mit Lehmklumpen
– Libellenlarve mit Rückstoßantrieb
– Der Schlauch in der Badewanne
– Dampfboot
– Luftballon-Rakete
Von der Anzahl und Realisierbarkeit fast perfekt für eine Forscherdoppelstunde.
Viel Wissen
Im Kapitel „Der Tanz der Vampire“ dreht sich alles um elektrostatische Aufladungen. Einfache Experimente gehen hin bis zur Erläuterung der Ursachen von Staubexplosionen. Beim Thema „Schwarz verschluckt alles“ gibt es zu den Licht- und Wärmestrahlen zwar wenig Experimente aber dafür viele Beispiele aus dem Alltag – vom Eisbär bis zum Gewächshaus und Sonnenkollektor.
Spaß an der Wissenschaft
Beim Thema „Wasser mit Haut“ (= Oberflächenspannung) finde ich die Erläuterung der Schwimmhilfe aus Leinenkissen besonders schön. Auch die Experimente sind zwar alle bekannt, aber eben gut ausgewählt. Der Einfluss von Seife auf die Oberflächenspannung wird ebenfalls angesprochen und später im Kapitel „Spaß mit Seife“ sogar noch fortgesetzt. Dieses Kapitel hat zurecht seinen sprechenden Namen, denn man merkt, dass Bublath hier richtig Spaß mit den Seifenblasen hat.
Wo Licht ist, ist auch manchmal etwas Schatten
Beim Kapitel „Das Geheimnis des Fliegens“ finden sich die überall üblichen Experimente, um den Unterdruck bei Luftströmungen zu zeigen. Schade finde ich, das Bublath hier nicht auch den wichtigen Anstellwinkel der Tragflächen erwähnt. Ich erinnern mich an dieser Stelle immer an die Frage eines meiner Forscherkinder: „Wenn es nur an der Form des Flügels ist, wieso können dann Flugzeuge auf dem Rücken fliegen?
Wieder ein kleines Highlight
Beim Gewicht der Luft (Luftdruck) kommen nach dem obligatorischen umgedrehten Wasserglas mit Spielkarte Klostampfer-Versuche und der Trick der menschlichen Lunge. Der nächste Versuch ist einfach, aber hier mal mit einer anderen Vorgehensweise: die „Kerzen-Wasser-Pumpe“. Dadurch, dass die Kerze nicht unter dem Glas „erstickt“ wird, ist gut sichtbar, dass das Abkühlen der Luft einen maßgeblichen Effekt hat. Oft wird bei ähnlichen Versuchen (üblicherweise liegt eine Münze auf einem Teller unter Wasser und soll trocken geborgen werden) behauptet, der Sauerstoff würde verbrennen und so einen Unterdruck entstehen lassen.
Viel Luft
Nochmal wird das Thema „Luftströmung“ in einem Kapitel über das Segeln aufgegriffen. Besonders das „Segel-Auto“ gefällt mir sehr gut. So kann man recht gut ausprobieren, warum man auch gegen den Wind segeln kann. Klein aber fein ist auch der Hubschrauber nach dem Vorbild des Ahornsamens inlusive Schneide- und Faltanleitung. Er funktioniert und verblüfft. Leider ist die Erklärung nicht so verständlich geschrieben. Und am Ende landet das Kapitel dann doch wieder beim Flugzeug!
Am Ende
Abschluß bilden die Kapitel „Wasser als Bergsteiger“ und „Looping mit „Knoff-hoff“. Im Ersten werden die Kapillarkräfte des Wassers erklärt (u.a. eine automatische Gießanlagen für den Urlaub auf Großmutterart). Danach kommt noch die klassische geschleuderte Milchkanne und die Erläuterung, warum Satelliten nicht vom Himmel fallen. Das Schlußlicht sind Tipps für die besten Plätze in der Achterbahn und ein spannender Versuch, warum es eine Kugel nicht so gut durch den Looping schafft wie ein Auto.
Meine Zusammenfassung/Bewertung:
(hier gibt es eine Erläuterung der Kategorien und eine Übersichtsliste)
- Materialaufwand: 4 von 5 Punkten
- Versuchsbeschreibung: 2 von 5 Punkten
- Praxistauglichkeit: 5 von 5 Punkten
- Erklärung: 5 von 5 Punkten
- Grafiken/Fotos: 4 von 5 Punkten
- Alltagsbezug: 5 von 5 Punkten
- Originalität: 3 von 5 Punkten
- Bonus/Malus: +5 von +/-5 Punkten
(gute Experimente-Zusammenstellung zum jeweiligen Thema)
Summe: 33 von 40 möglichen Punkten
Fazit: Eine kleine Schatztruhe. Durch die gelungene Zusammenstellung der Experimente wird jedes Thema gut beleuchtet. Man muss allerdings noch einige Zeit in die Vorbereitung investieren, da die Experimente nur sehr kurz beschrieben werden.