Buchrezension: Physikalische Freihandexperimente

Foto: C. Krause

Mit 7,5 cm Höhe und über 3 kg Gewicht sind diese beiden Bände eindeutig das Schwergewicht der Experimentebücher – wenn auch mit einem etwas sperrigen Titel.

Physikalische Freihandexperimente (2 Bände)
Band 1: Mechanik
Band 2: Akustik, Wärme, Elektrizität, Magnetismus, Optik
von Clemens Berthold, Daniela Binzer, Gunther Braam, Jürgen Haubrich, Markus Herfert, Helmut Hilscher, Jürgen Kraus, Christian Möller
insgesamt 926 Seiten
ISBN 3-7614-2535-X (Band 1 und 2)
inkl. CD-ROM (Videoclips)
ca. 68.- EUR

Am Anfang war die CD-ROM
Diese Sammlung von Experimenten ist auf Initiative von Professor Dr. Helmut Hilscher entstanden. Lehramtstudierende haben aus ca. 1000 Experimenten die ca. 400 hier beschriebenen Experimente ausgewählt, einheitlich aufbereitet und auch getestet. Aufgrund des Umfangs der Beschreibungen wurde 1998 eine erste Veröffentlichung auf CD-ROM realisiert. Die große Nachfrage erlaubte dann wohl auch die Ausgabe als Buch. Zum Ideensammeln und einfach zum Stöbern & Entdecken mag ich persönlich Bücher sowieso lieber als öberflächlich durch Bildschirmtexte zu scannen.

Zur Handhabung des Werkes
Diese Überschrift des einleitenden Kapitels habe ich übernommen, da sie den Charakter der beiden Bände auch schon gut beschreibt: wissenschaftlich, präzise, strukturiert und durchdacht. So gibt es nicht nur ein ausführliches Inhaltsverzeichnis mit sprechenden Titeln und thematischer Sortierung, sondern auch ein umfangreiches Stichwortregister (Buchende) mit physikalischen Schlagworten.

Ordnung muss sein
Jedes Experiment ist mit einem passenden sprechenden Titel versehen. Zusätzlich sind in jeder Titelzeile auch noch die betreffenden physikalischen Schlagwörter aufgelistet und es folgt eine kurze Beschreibung des gesamten Experimentes in 1-2 Sätzen.

Kurz, knapp, nüchtern
Eine einzige Abbildung bietet jeweils einen guten Überblick über den Experimenteaufbau. Ähnlich wie im Experimente-Buch von Hans Jürgen Press ist es gelungen, die wesentlichen Punkte reduziert, aber gekonnt darzustellen. Allerdings sind die Abbildungen sehr technisch gehalten, fast steril und erinnern mich an Aufgabenbeschreibungen aus dem Physikunterricht.

Das „Womit“ und „Wie
Eine Materialliste beschreibt kurz und schmerzlos was benötigt wird. Dann folgt unter der Überschrift „Aufbau und Durchführung“ die Versuchs- und Ablaufsbeschreibung – ebenfalls präzise und schnörkellos. Wenn es sich anbietet, werden auch Varianten des Versuchsaufbaus genannt.

Jetzt wird es ernst
Den weitaus größten Teil jeder Beschreibung nimmt der jeweilige Abschnitt „Erklärung“ ein. Sehr, sehr ausführlich wird im (fach-)wissenschaftlichen Stil erläutert, welcher physikalische Effekt dahinter steckt, inkl. den notwendigen Formeln. Liest sich so ungefährt wie ein Lösungsheft für Physikklausuraufgaben. Aber: Es bleibt keine Frage offen! Erstklassig zusammengetragen, mein Respekt.

Bonbons
Bei fast allen Experimenten gibt es unter der Überschrift „Bemerkungen“ noch ergänzende Hinweise und manchmal kurze Bezüge auf die Alltagsrelevanz. Auch wird hier oft beschrieben, was beim Experiment schief gehen kann bzw. wie man möglichen Fehlerquellen vorbeugt. Die Krönung sind dann noch abschließende, weiterführende Literaturhinweise bzw. Quellenangaben. Vorbildlich.

Perfekte Vielfalt
Wie schon den Buchuntertiteln zu entnehmen ist, sind alle wesentlichen Gebiete der Physik abgedeckt. Die Experimentevielfalt reicht vom kleinen Tischexperiment bis zum spektakulären „Draußen“-Experiment.
Fast alle Experimente, die man irgendwo anders beschrieben findet, sind auch hier quasi als Basisexperiment vorhanden. Großes Lob für die Auswahl dieser über 400 Versuche.

Heute zum Schmunzeln
Damals (1998) waren die knapp 40 digitalen Videos auf der beigefügten CD-ROM bestimmt was Besonderes. Heute wirken die Kurzfilmchen mit ca. 350×250 Pixel Auflösung nostalgisch und amüsant. Das mag auch an der Mode der gefilmten Menschen liegen, die in den Filmen die Experimente kurz vorführen (ohne Erläuterungen, dafür oft mit scheinbar zufällig aufgenommenen O-Ton). Witzig!

Zusammenfassung/Bewertung
Materialaufwand: 5 von 5 Punkten
Alle Experimente sind mit einfachen oder recht einfach zu besorgenden Materialien durchzuführen.
Versuchsbeschreibung: 3 von 5 Punkten
Kurz und bündig wird alles Wesentliche beschrieben. Aber eben auch nur das Wesentliche. Für eine Forscherstunde für Grundschulkinder ist hier eine Überarbeitung erforderlich.
Praxistauglichkeit: 5 von 5 Punkten
Volle Punktzahl für diese gut ausgewählen Vorschläge. Da klappt alles.
Erklärung: 3 von 5 Punkten
Schwierig zu bewerten, da die Erklärungen extrem genau sind, aber eben leider nicht unbedingt allgemeinverständlich. Sie erinnern mehr an Musterlösungen von Klausuraufgaben (s.o.)
Grafik/Fotos: 3 von 5 Punkten
Die Zeichnungen sind mir persönlich zu nüchtern und zu viel „2D-Strichzeichnung“.
Alltagsbezug: 3 von 5 Punkten
Recht wenig, dafür viel Bezug zu den Themen aus dem Physikunterricht bzw. den physikalischen Schlagwörtern.
Originalität: 5 von 5 Punkten
Volle Punktzahl. Die beiden Bände könnten auch die Mutter aller anderen Experimentebücher sein. Hier findet man immer wieder neue Dinge!
Bonus/Malus: + 5 Punkte
Für die geniale Zusammenstellung und die hervorragenden Erläuterungen (inkl. Literaturhinweise).

Gesamt: 32 Punkte

Fazit: Ein Muss für jeden, der sich für physikalische Experimente interessiert. Ein in der Tat gewaltiges Nachschlagewerk, das seinen hohen Preis wert ist.

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