Extrem Tüfteln – 50 Experimente zum Selberbasteln

Foto: C. Krause

Jetzt knallt’s!
So lautet jedenfalls der Untertitel des heute beschriebenen Buches. Auf der Rückseite heisst es dann auch noch „Crash! Boom! Bang!“ und das Buch wird als randvoll mit Bastelexperimenten für Wagemutige angekündigt. Ich bin gespannt auf:

Extrem Tüfteln – 50 Experimente zum Selberbasteln
von Franziska Heidenreich und Bianca Langnickel
132 Seiten
ISBN 978-3-7724-5774-6
ca. 15.- EUR

Basteln, Basteln
Ganz klar, das Verzieren aller Bastelarbeiten steht in diesem Buch im Vordergrund. Die beiden Autorinnen haben offensichtlich ein Händchen fürs Aufhübschen und Dekorieren. Alle Anleitungen beinhalten stets detailliert wie man das jeweilige Objekt „schön“ macht. Im Verhältnis zum eigentlichen Experimente-Thema ist mir das viel zu viel Nebensächliches. Mir sind es auch definitiv zu viele Halbperlen, Glitzersteine, Schmucksteine, Stern-Sticker und Glitter.

Für Bastelprofis
Nicht nur in der Kauf-Liste der benötigten Materialien schlagen die vielen unterschiedlichen Dinge fett zu Buche, man muss sich wohl auch gut damit auskennen. So lautet eine Beschreibung zum Beispiel „Jeweils zwei Pappkartonstreifen kaschierst du mit irisierendem Papier in Blau und zwei in Gelb“. Alles klar?
Ein schönes Wort ist auch „Scrapbookingpapierreste“. Oder „Quillingpapier“. Oder „Washitape“. Oder „Regenbogen-Holografie-Klebefolie“. Oder … Oder …

Für die Dekoration
Konsequenterweise beinhaltet jede „Experiment“-Beschreibung unter der Rubrik „Das brauchst du“ auch einen umfangreichen Teil „Für die Dekoration“. Den textlichen Hauptteil einer Beschreibung umfasst die schrittweise Bastelanleitung unter dem Motto „So geht’s“. Oft sollen kleine Fotos helfen, die Anweisungen besser zu verstehen. Zusätzlich bietet das Buch am Ende eine Vorlagensammlung. Allerdings müssen die Vorlagen per Kopierer vor dem Einsatz noch deutlich vergrößert werden.

3,2,1 forschen!
In dieser Rubrik geben die beiden Autorinnen eine sehr kurze, oberflächliche Erläuterung ab, was passiert und warum. Ein oder zwei große Fotos zeigen zusätzlich die jeweilige Bastelarbeit in Aktion.
Übrigens: Die öfter gesetzten Warnhinweise oder der Einsatz des „erwachsenen Assistenten“ sind nicht grundlos. Einige der Experimente würde ich definitiv nicht für Grundschulkinder anbieten, geschweige denn, sie das allein machen lassen.

Was steckt drin?
In den sieben Oberthemen  „Move it“, „Air Born“, „Plitsch & Platsch“, „Jetzt gibt’s Zunder“, „Coole Optik“, „Dampf, Zisch, Blubber“ und „Das knallt!“ findet sich wenig Neues. Natürlich alles schön verziert ;-)
So gibt es u.a. das Ballonauto, den Seiltänzer, das Luftkissenauto, den Fallschirm, die Taucherglocke, die Lochkamera oder die Luftkanone.

(Text-)Highlights
Ich muss gestehen, dass ich einige Beschreibungen zuhause laut vorgelesen habe, da die Bastelanleitungen – wohl ungewollt – nicht einer gewissen Komik entbehren, z.B. wenn ein Bauteil mit feuchter Erde eingerieben werden soll oder das Tragflächenprofil eines Bumerangs hergestellt werden soll, indem man „die Mitte aufpolstert und die Kanten kaschiert“. Oder die Empfehlung, dass für die optimale Zitronenbatterien 20 (!) Zitronen prima seien. Teilweise frage ich mich auch, woher die Autorinnen wohl ihr Wissen beziehen. Wie kommt man sonst auf die Idee beim quietschenden Luftballon eine 1/4-inch-Mutter zu benötigen?

Die Kracher
Mehr als bedenklich wird es aber im „Zunder“-Kapitel. Bauanleitungen für Rauchbomben, Feuerspucken und Stinkbomben aus brennendem Hundehaar sind meiner Meinung nach für Kinder völlig fehl am Platze. Da helfen auch keine Hinweise wie „Rauch nicht einatmen“ oder „Achtung: Kurze Stichflamme“. Der Vorschlag, zur Gewinnung von Zündmaterial Wunderkerzen zu zerbröseln, wird bestimmt alle Eltern erfreuen ;-)
Panik ist nicht angebracht, es werden doch nur 14 Stück benötigt… Warum 14? Das wissen wohl nur die beiden Autorinnen.

Ärgerliche Schleichwerbung
Aufgefallen ist mir beim Lesen schon, dass das Bastelmaterial teilweise extrem speziell beschrieben war und dass der Klebstoff eines bestimmten Herstellers in Wort und Foto auffallend oft auftauchte. Im Impressum dann auch der Hinweis auf die freundliche Unterstützung der namentlich genannten Hersteller inkl. Beratungstelefonnummer! Die Krönung kommt aber noch: Es folgt ein Hinweis auf die Kleidungsausstatter der Kindermodels!!! Das habe ich noch in keinem Experimentebuch gelesen.

Zusammenfassung/Bewertung
Materialaufwand: 1 von 5 Punkten (aber nur, weil die eigentlich einfachen Experimente nur wenig Material benötigen. Das spezielle Bastelmaterial – in Gruppengröße bestellt – ist bestimmt sehr teuer)
Versuchsbeschreibung: 2 von 5 Punkten (manche Anleitungen sind definitiv nicht für Kinder verständlich bzw. nicht eindeutig formuliert)
Praxistauglichkeit: 2 von 5 Punkten (Hier schlägt das Thema „Sicherheit“ negativ zu Buche. Die meisten Experimente sind aber an sich sehr einfach und damit ergebnisgleich wiederholbar)
Erklärung: 1 von 5 Punkten (Da ist was, aber rudimentär wäre schon gelobt)
Grafik/Fotos: 3 von 5 Punkten (schönes Buchcover, nette Fotos der Bastelarbeiten, zu kleine Fotos bei den Anleitungen)
Alltagsbezug: 0 von 5 Punkten (das Basteln steht eindeutig im Vordergrund)
Originalität: 1 von 5 Punkten (die Grundexperimente sind alle sehr bekannt, die Variantion geschieht nur durch die Gestaltung. Das „Zunder“-Kapitel allerdings ist definitiv anders. Warum findet man diese Experimente wohl in keinem anderen Kinderforscherbuch…?)
Bonus/Malus: -5 Punkte von +/-5 Punkten (mangelhafte Sicherheit und Werbung)

Gesamt: 5 Punkte

Fazit:
Anfangs amüsiert (ich bin eben nicht der Deko-Typ), dann verblüfft über die Gefährlichkeit mancher Versuche und letztendlich verärgert über die viele Werbung habe ich den Kauf des Buches bereut. Wenn schon Basteltipps mit so klarem Herstellerbezug, dann kann man die Anleitungen auch gleich kostenlos zum Download anbieten. Aber dafür scheint der Name des Buchverlages passend gewählt: „Frech“-Verlag.
Für meine Forscherkurse ist das Buch definitiv völlig ungeeignet.

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